DNIP Briefing #21: Enshittification, Cyberkriminelle und ein Zitat

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Die Redaktion präsentiert jeden Dienstag die Geschichten, die sie bewegt, aufgerüttelt oder zum Nachdenken angeregt hat.

Eine Möglichkeit, sich von der zunehmenden Unberechenbarkeit der US-Tech-Milliardäre und der von ihnen mitunterstützten Regierung zu entkoppeln («Demilliardärisierung»), ist der Wechsel von der Datenablage in US-Clouds hin zu Clouds in heimischeren Gefilden. Eine andere – bei kleineren Firmen und anspruchsvollen Heimusern schon lange praktizierte Möglichkeit – ist, sich einen kleinen Server mit ein paar Festplatten oder SSDs in die eigenen Räumlichkeiten zu stellen. Diese Geräte, sogenannte NAS («Network Attached Storage»), bestehen meist aus einem Linux-Server, weiterer Open-Source-Software und einem bequemen Webinterface für die Administration.

Bis dato konnte man in den meisten dieser NAS-Geräte beliebige Standard-Festplatten und -SSDs einbauen, entsprechend den persönlichen Bedürfnissen wie Kapazität, Geschwindigkeit und Preis. Synology, einer der ganz grossen Namen im NAS-Geschäft, hat nun angekündigt, dass zukünftig gewisse Funktionen der neuen Synology-«Plus»-NAS nur noch mit Festplatten mit Synology-Aufkleber zur Verfügung stehen würden. Synology produziert selbst gar keine Festplatten, sondern kauft die Hardware 1:1 bei Seagate und Toshiba ein und passt nur die Firmware etwas an.

Wer also bei den Plus-Modellen in Zukunft von Funktionen wie Lebensdauerprognosen oder Drive-Firmware-Updates profitieren will, muss neu zwingend die (teureren) Synology-Disks kaufen. Wieso ist das – nach all‘ den Online-Angeboten und ersten Autos – auch Enshittification und nicht technische Notwendigkeit? Weil Synology selbst erläutert:

Zudem wird die Migration von Festplatten aus bestehenden Synology NAS in ein neues Plus-Modell weiterhin ohne Einschränkungen möglich sein.

Pressemitteilung von Synology Deutschland, 2025-04-16

Wenn Festplatten, welche zuerst in einem «alten» NAS waren, nachher im «neuen» NAS problemlos funktionieren, liegt es also weder an den Eigenschaften der Festplatten noch des NAS. Sondern daran, dass Synology den Aufwand auf sich genommen hat, zusätzliche Software zu schreiben, um diese Einschränkungen selektiv durchzusetzen. Und wahrscheinlich darauf hofft, dass sich dieser Zusatzaufwand wirtschaftlich lohnt; mutmasslich über Zusatzeinnahmen durchs Festplattengeschäft.

«Wie staatlich finanzierte Cyberkriminelle»

Das National Public Radio (NPR) in den USA berichtet darüber, wie das sogenannte Department of Government Efficiency (DOGE) beim National Labor Relations Board (NLRB) eingefahren sei. Das NLRB ist die US-Bundesbehörde, die bei Beschwerden zu Arbeitsbedingungen oder Diskriminierung am Arbeitsplatz aktiv werden kann. Laut dem Bericht hätten die DOGE-Mitarbeiter dieselben Mechanismen angewendet, die sonst von feindlichen Drittstaaten geförderte Cyberkriminelle anwenden würden (im Englischen «state-sponsored actors» genannt):

  • Zuerst hätten sie sich Admin-Rechte auf die gesamte Cloud-Umgebung geben lassen («tenant owner level»),
  • danach die Sicherheitslogs deaktiviert, mit denen sonst Admin-Aktivitäten nachvollzogen werden können (diese Logs werden in der Praxis von den «Guten» nicht deaktiviert),
  • dann zusätzliche Konten angelegt, auf denen dann wenige Minuten später von russischen IP-Adressen aus erfolgreich eingeloggt wurde,
  • mit den Zugangsdaten war Vollzugang zu den zum Teil brisanten Daten des NLRB möglich, die Aussagen von betroffenen Arbeitern gegen ihren Arbeitgeber beinhalten,
  • diese Daten wurden schlussendlich abgesaugt, mittels Tools zur Verschleierung von Aktivitäten und zum Umgehen von Limiten unter hohen Cloud-Kosten für das NLRB.

«State-sponsored actor» einmal ganz anders. Besonders brisant: Im NLRB laufen Abklärungen zu den Arbeitsbedingungen in Musk-Firmen. Und Musk ist auch Chef von DOGE. Hinter dem maximal intransparenten Datenabfluss könnten also auch Eigeninteressen stehen.

NPR dokumentiert diesen Krimi übrigens sehr spannend und verständlich.

Und schliesslich

Das Zitat der Woche

The internet didn’t make us stupid. It made stupidity scalable.

Joan Westenberg, 2024-04-21

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