Tech-Welt 2025 und aktuell- in a nutshell

Hier ein Potpourri von aktuellen Tech-News und Schlagzeilen aus den letzten zwei Wochen, eine Vorschau auf das nächste Jahr und ein Buchtipp!

Zitat der Woche

«Wenn ich später das Sagen habe, werden wir schnell versuchen, Männer nach drei Gewaltverbrechen zu hängen. Und ja, wir werden es öffentlich tun, um andere abzuschrecken.» Joe Lonsdale auf X

Ernst gemeinte Aussage oder Provokation? Klar ist: Joe Lonsdale, Mitgründer des Tech-Unternehmens Palantir, macht damit seinen umstrittenen Kollegen Peter Thiel und Alex Karp Konkurrenz. Hintergrund seiner Aussage ist die Kontroverse um die öffentliche Prahlerei von US-Verteidigungs­minister Pete Hegseth, Drogen­schmuggler-Boote in der Karibik und im Pazifik versenkt zu haben (wobei noch unklar ist, ob die 80 Getöteten wirklich Drogen­banden angehörten). Dass Lonsdale öffentliche Hinrichtungen fordert, zeigt: Die faschistische Gewalt­rhetorik der Palantir-Kadermänner scheint kaum Grenzen zu kennen.

Die USA erklären Europa zum Feind

 Die neue nationale Sicherheits­strategie der USA wirkt, als wäre sie vom Kreml geschrieben worden. Ausgerechnet der trans­atlantische Partner Europa wird darin rhetorisch zum Feind erklärt, den es nach den eigenen Vorstellungen umzuformen gilt. «Unser Ziel sollte es sein, Europa dabei zu helfen, seinen derzeitigen Kurs zu korrigieren», heisst es in dem Papier. Das Weisse Haus will zudem «patriotische Parteien» in Europa fördern.

Klimaziele und «netto null» lehnt die Trump-Regierung ab, weil diese angeblich Europa und vor allem Amerika schädigten. Gemäss der Strategie ist davon auszugehen, dass sich die USA nun aktiv in Wahlen in Europa einmischen werden und möglicher­weise demokratische Prozesse unterwandern. Europäische Spitzen­politikerinnen wie die EU-Aussen­ministerin Kaja Kallas machen gute Miene zu diesem doch sehr feindseligen Papier. Die USA seien immer noch «der grösste Verbündete». Das zeigt, wie abhängig die EU-Staaten von den Sicherheits­garantien des US-Militärs sind, von der Lieferung amerikanischer Rüstungs­güter und im techno­logischen Bereich. Gemäss Washington soll die amerikanische Monopol­situation im KI-Bereich in Europa «zementiert» werden. Es ist also ein sicherheits­politisches Ziel der USA, Europa weiterhin als digitale Kolonie zu festigen.

Millionenstrafe gegen Plattform X: 

Dass der US-Regierung das Plattform­gesetz «Digital Services Act» der EU ein Dorn im Auge ist, hat sich in der Vergangenheit mehrfach gezeigt. US-Präsident Donald Trump lässt keine Gelegenheit aus, das angeblich amerika­feindliche «Zensurgesetz» zu kritisieren, und weist seine Diplomaten in Europa an, das Gesetz auszuhebeln. Er erpresste die EU, indem er verkündete, keine KI-Chips nach Europa zu liefern, sollten die Regeln gegen die Big-Tech-Konzerne durchgesetzt werden. Nun hat es Brüssel dennoch gewagt, seine Tech-Regulierung anzuwenden: 120 Millionen Euro Strafe brummt es Elon Musks Plattform X auf.

Dabei geht es einerseits um die irreführende Authentifizierung von Nutzer­konten durch den blauen Verifizierungs­haken, andererseits um fehlende Transparenz bei der Werbe­datenbank sowie um den fehlenden Daten­zugang für Wissen­schaftlerinnen. Elon Musk forderte daraufhin die Auflösung der EU und verbot der EU-Kommission, auf seiner Plattform Werbung zu schalten. Dies zeigt einmal mehr: Darüber, wer Plattformen wie nutzen darf, entscheiden allein Tech-Milliardäre wie Musk.

Neue Überwachungs-Wunschliste der Polizei

Neue Mobilfunk­standards wie 5G oder 6G sorgen nicht nur für rote Köpfe bei elektro­sensiblen Kritikerinnen, die Strahlen­werte fürchten. Sondern auch bei den Straf­verfolgungs­behörden. Denn die inter­nationalen Mobilfunk­gremien wollen mit neuen Standards den Daten­schutz stärken. Bereits bei der Einführung von 5G hatten sie Verschlüsselungs­massnahmen für Datenpakete beschlossen – zum Ärger der Polizei­behörden, die seither weniger gut Telefonate abfangen können. Nun haben sich vor drei Monaten Polizei­behörden und Geheim­dienste verschiedener Staaten zu einem grossen 6G-Kick-off-Meeting getroffen und ihre Überwachungs-Wunschliste präsentiert. Der Journalist Erich Möchel machte die Liste diese Woche publik. Ein Beispiel: Sensordaten von Autos sollen nach Möglichkeit über eine technische Schnitt­stelle an die Behörden direkt übermittelt werden können.

Zitat:

«Künstliche Intelligenz muss nicht so sein, wie sie heute ist. Wir müssen nicht die Logik von beispiellosem Ausmaß und Konsum akzeptieren, um Fortschritt und Entwicklung zu erreichen.“»Karen Hao, „Empire of AI“

Karen Hao ist eine renommierte amerikanische Tech-Journalistin und publizierte dieses Jahr eines der lesenswertesten Bücher über die KI-Industrie aus den USA: «Empire of AI». Darin berichtet sie anhand ihrer Recherchen aus dem Maschinenraum des Vorzeigeunternehmens OpenAI und zeigt auf, wie zwei sich rivalisierende Lager innerhalb der Firma jahrelang um die Diskushoheit zu KI ringen: Das eine ist gemeinwohl- und risikoorientiert und hält ethische Ziele hoch. Das andere möchte schnell kommerziell wachsen und Investorengelder einheimsen.

Gewonnen hat diesen Kampf nun endgültig der Profit-Teil. Um im Wettbewerb mit anderen KI-Playern zu bestehen, investiert OpenAI Unsummen von Geldern in Rechenzentren und Ingenieuren investiert. Obwohl die KI-Modelle von heute bis dato noch keines ihrer Versprechen eingelöst haben. Hao zweifelt stark am aktuellen Wachstumsdogma von Tech-CEOs wie OpenAI-Chef Samuel Altman verfolgen Mehr Rechenpower, mehr KI-Chips, mehr Wasserverbrauch führt nicht zu besseren Resultaten. Ihr Buch ist ein Plädoyer dafür, dass der politische Diskurs über wünschenswerte KI der Zukunft zwingend von der Gesellschaft und von Wissenschaft geführt werden muss – und nicht wie aktuell von einer Handvoll von Tech-Milliardären.

VÜPF – so geht es 2026 weiter

Das ist 2025 passiert: Es passiert selten, dass die Schweiz in der internationalen Tech-Presse von sich reden macht. Und dazu wegen einer Verordnung der Schweizer Bundesverwaltung. Doch die Revision des VÜPF – der Verordnung zum Bundesgesetz für Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs – sorgte international für Schlagzeilen.

Konkret möchte der Bund Schweizer IT-Unternehmen verpflichten, ihre Kunden (mit Nummer oder Ausweis) zu identifizieren und private Vorratsdatenbanken anzulegen, die das EJPD dann – je nach Bedarf der Kantone oder Bundesanwaltschaft- nach Belieben für die Strafverfolgung abfragen darf. Es handelt sich um eine Verordnung, die mit den repressiven Internetgesetzen Russlands und China vergleichbar wäre.

Die Vernehmlassung zu dieser Verordnung fiel entsprechend vernichtend aus –viele der Kommentare aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft waren durchgehend negativ. Positiv zum Vorschlag äusserten sich einzig ein grosser Teil der Kantone sowie die Ermittlungsbehörden.

Dass es das Thema auf die internationale Agenda schaffte, ist auch der internationalen Bekanntheit von Proton zu verdanken, eines erfolgreichsten Schweizer Tech-Unternehmen mit Sitz in Genf. Diese droht bei Inkrafttreten dieser Revision, die Schweiz zu verlassen. Kein Wunder: die Verordnung betrifft nur Schweizer Unternehmen, Whatsapp oder Signal müssten diese Pflichten nicht erfüllen.

Gerade diese Drohung ist der Hauptgrund, warum selbst bürgerliche Law-und-Order-Politiker Sturm laufen gegen die Verordnung. Sie befürchten eine massive Schwächung des IT-Standorts Schweiz. Letzte Woche haben FDP-Ständerätin Johanna Gapany mit einer Motion in der kleinen Kammer erreicht, dass das EJPD die Verordnung grundlegend überarbeiten muss, ohne die hiesige IT-KMU zu schwächen. Die Motion geht nun an den Nationalrat.

So geht es 2026 weiter: Zurzeit führt die vom EJPD beauftragte Firma swisseconomics eine Regulierungsfolgenabschätzung durch. Das EJPD plant eine neue Vernehmlassung zum überarbeiteten Vorschlag. Ob der zuständige SP-Bundesrat Beat Jans sich von den Überwachungswünschen seines eigensinnigen Diensts ÜPF (Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs) emanzipieren kann, wird sich 2026 zeigen.

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