DNIP Briefing #17: Das Duell

Ein duell zweier Bullen
Foto: Richard Lee auf Unsplash

Die Redaktion präsentiert jeden Dienstag die Geschichten, die sie bewegt, aufgerüttelt oder zum Nachdenken angeregt hat.

Reiche Unternehmer wie Christoph Blocher erreichen mit ihren kostenlos verteilten Zeitungen mehr als jede vierte Schweizerin und jeden vierten Schweizer. Correctiv in der Schweiz hat die Milliardärsblätter untersucht und kommt zum Schluss: Viel PR und Meinungsmache, getarnt als Journalismus.

Bleiben wir noch kurz in der Schweiz: Hierzulande schreitet die KI-Regulierung eher langsam voran. Besser ausgedrückt wäre wohl: Sie steht still. Der Bundesrat favorisiert eine wirtschaftsfreundliche KI-Regulierung, ganz so wie das der neuen US-Regierung vorschwebt. Benachteiligt werden dabei Bevölkerung und Nachhaltigkeit. Adrienne Fichter hat für die Republik analysiert, was das konkret bedeutet.

Als wäre das noch nicht genug, wollen KI-Anbieter weitere Grundrechte der Menschen ritzen. Aktuell fordern OpenAI und Google die US-Regierung auf, dass sie ihre KIs mit Daten oder Inhalten trainieren dürfen, die ihnen nicht gehören. Man würde den Zugang brauchen, um den Anschluss an China nicht zu verlieren. Ist das Urheberrecht also bald Geschichte? Sam Altman & Co. würde es freuen.

Das Duell, China gegen die USA, Fortschritt gegen Sanktionen, Euphorie gegen Skepsis, zieht weitere Kreise: Beim Volkskongress in Peking erklärte der chinesische Präsident Xi Jinping kürzlich, dass China sich trotz Wirtschaftskrise und internationaler Spannungen an die Spitze der KI-Technologie setzen wolle. Und es gilt ernst: Als der chinesische Chatbot Manus online ging, war der Ansturm so gross, dass die Server kollabierten. Seit Jahresbeginn treibt das chinesische Start-up DeepSeek den Markt an, der Hang-Seng-Tech-Index in Hongkong schoss um mehr als 40 Prozent in die Höhe (während die US-amerikanischen Börsen vergangene Woche im Minus schlossen). Chinesische Tech-Unternehmen wie Alibaba und Baidu stecken Milliarden in Rechenzentren. Und die USA reagieren mit schärferen Exportbeschränkungen, besonders bei Hochleistungs-Chips. Es ist ein Konflikt, der darüber entscheiden könnte, wer die technologische Oberhand gewinnt – und damit Macht und Einfluss. 

Die philippinische Journalistin Maria Ressa erkannte früh das Muster von Diktatoren, ganz gleich wo: Als hätte jemand heimlich ein Handbuch geschrieben, eine Gebrauchsanweisung für das perfekte Regime. Darin stünden dann klare Anleitungen: Misstrauen gegenüber unabhängiger Presse säen, kontrollieren, was gedacht, gesagt, gezeigt, gehört wird – und festlegen, wer ins Gefängnis gehört, so wie gerade auf den Philippinen nach der Verhaftung des ehemaligen Präsidenten Rodrigo Duterte zu beobachten ist, dessen Unterstützer-Netzwerke Diskussionen, gerade auf Facebook, gezielt manipulieren, wie Rappler berichtet. Duterte und seine Schergen morderten im War on Drugs. Nun soll er sich in Den Haag vor dem Internationalen Strafgerichtshof verantworten.

Und schliesslich:

  • Während sich der verantwortliche Weltverband mit Untersuchungen und Strafen eher passiv verhält, solle die Priorität angeblich an anderer Stelle liegen. So berichtet die «Bild» am Dienstagnachmittag, dass die FIS am meisten daran interessiert sei, aufzudecken, wer das Video aufgenommen hat. Veröffentlicht wurde es vom polnischen Journalisten Jakub Balcerski, wer es diesem zugespielt hat, ist unbekannt. Deshalb solle bereits versucht worden sein, an Bilder von auf dem Gelände rund um das Hotel und das Stadion angebrachten Überwachungskameras zu kommen. So soll herausgefunden werden, wer den Betrug heimlich gefilmt hat. Ob die Jagd auf den Whistleblower im aktuellen Skandal jedoch der richtige Fokus ist, darf bezweifelt werden.
  • Ein staatsnahes saudiarabisches Unternehmen hat die Spiele Pokemon Go, Pikmin Bloom und Monster Hunter Now samt den bisher gesammelten Daten gekauft. Zumindest Pokemon Go dürfte einer breiteren Öffentlichkeit als Augmented Reality-Spiel bekannt sein, bei dem es darum gut, in der realen Welt virtuelle Gegenstände zu finden und Orte zu besuchen. Das mag auf den ersten Blick unspektakulär tönen, Teil des Deals sind aber auch die Benutzerdaten der über 100 Millionen Spielerinnen und Spieler weltweit, sowie all ihre bisher aufgezeichneten Location-Daten. Zur weiteren Verwendung dieser Daten hat sich der neue Besitzer bisher nicht geäussert. Der Verkauf zeigt aber (nicht zum ersten Mal), dass einmal gesammelte Daten einen Wert haben und dass grundsätzlich immer die Gefahr besteht, dass sich Datenschutzbestimmungen (insbesondere bei einem Handwechsel) ändern können.
  • In 2022 wurden die Benutzer des Passwort-Managers LastPass Opfer einer Sicherheitslücke, bei welcher Angreifer Zugriff auf in LastPass gespeicherte Passwörter erhielten. Nachdem bereits im September 2023 Krebs on Security darauf hingewiesen hat, dass einige dieser Passwörter für den Diebstahl von Crypto-Guthaben genutzt wurden, haben Staatsanwälte in Kalifornien dies nun bestätigt. Insgesamt flossen rund $150 Millionen Crypto-Guthaben ab, welche die Angreifer aufgrund von in LastPass gespeicherten Passwörtern erbeuten konnten. Das brisante daran ist, dass die betroffenen Benutzer zwischen dem Bekanntwerden der Sicherheitslücke und der Verwendung der dabei publik gewordenen Passwörter genügend Zeit gehabt hätten, ihre Passwörter insbesondere bei kritischen Systemen wie eBanking oder eben Crypto-Wallets zu ändern …

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3 Antworten

  1. Der Skispringer-Skandal ist für mich mal wieder ein Beispiel für Überregulierung. Da wird also haarklein definiert, wie die Skibindung auszusehen hat und wie die Anzüge genäht sind? Diese Überregulierungen haben mir vor vielen Jahren schon die Formel-1 madig gemacht. Es ist ein Wettkampf, und wenn da selber entwickelte Technologie zu Vorteilen führt, ist doch toll. Ansonsten könnte man allen ja das gleiche Fahrzeug stellen. Was verstehe ich da falsch? Die Formel-E finde ich von der Idee toll (und habe mir das in Bern vor einigen Jahren auch mal live angeschaut), aber weil alle die gleichen Antriebsstränge benutzen müssen, ist es für mich wieder totlangweilig.

    Und klar, jetzt den Whistleblower zu jagen ist total falsch.
    Ebenso, einfach dazusitzen und nichts zu tun, wenn mir meine Passwörter geklaut werden. Ich könnte nicht mehr ruhig schlafen, bis ich alle Passwörter geändert hatte, angefangen bei den Umgebungen ohne Zweifaktor-Authentifizierung.

  2. Ich bin mir sicher, wenn Xi KI sagt, daß er nicht den Chatbothype meint, sondern autonome Fahrzeuge und Drohnen, Bilderkennung für die Volksüberwachung und militärische Anwendungen. Halt das, was man klassisch unter KI versteht und nicht LLMs.

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