Digitalpolitischer Blick ins Parlament (4/n)

KI-generiertes Symbolbild für ein Parlament im Cyberspace
KI-generiertes Symbolbild für ein Parlament im Cyberspace

Wie schon in den letzten Rückblicken liegt der Fokus im folgenden auf von ParlamentarierInnen eingereichten Vorstössen. Auf vom Parlament beschlossene neue Gesetze (wie in den vergangenen Wochen etwa die neue eID-Vorlage) werden wir gegebenenfalls separat eingehen. Einige der unten stehenden Fragen dürften aus früheren Rückblicken bekannt sein, es scheint einige Themen zu geben, bei welchen sich ParlamentarierInnen gerne wiederholt einbringen. Auch nicht zu übersehen ist, dass gegen Jahresende die Zahl der Vorstösse deutlich ansteigt. Ich will natürlich niemandem unterstellen, dass er/sie hier die persönliche Statistik noch etwas polieren möchte, aber dem einen oder anderen Dezember-Vorstoss hätte etwas mehr Auseinandersetzung mit dem Thema oder schon nur Absprachen mit Parlaments-KollegInnen definitiv gutgetan. Einige der Vorstösse wirken jedenfalls ziemlich redundant.

Aufgrund der Menge teilen wir den Rückblick erneut auf zwei Artikel auf. Die Vorstösse zu den Themenbereichen «Direkte Demokratie», «IT-Sicherheit» und «Übriges» folgen zusammen mit einem kurzen Fazit nächste Woche.

Wie bereits erwähnt, erlaubt die Geschäftsfallsuche im Web-Auftritt von National- und Ständerat leider keine Suche nach “digitalpolitisch relevant“. Falls wir den einen oder anderen Vorstoss übersehen haben, nehmen wir Hinweise darauf gerne in den Kommentaren entgegen.

Wer mit parlamentarischen Begriffen nicht so vertraut ist, findet Näheres zu Anfrage, Interpellation, Motion und Postulat im Parlamentswörterbuch.

Rückblick

Zumindest ein Vorstoss der letzten Monate wurde nach dem Ständerat im Dezember auch vom Nationalrat angenommen: Die von der sicherheitspolitischen Kommission des Ständerats lancierte Motion bezüglich Cybersicherheitsprüfungen wurde an den Bundesrat überwiesen. Dieser muss nun die entsprechenden gesetzlichen Grundlagen schaffen und auch die Finanzierungsfrage klären. Spannend dürfte es werden, wenn es um allfällige obligatorische Prüfungen für Produktkategorien bzw. Einsatzbereiche geht. Auch eine Gebührenfinanzierung könnte, insbesondere in Bezug auf Open-Source-Software, noch zu reden geben. Der Bundesrat sieht die Cybersicherheitsprüfung für Dritte jedenfalls nicht als Bundesaufgabe, er möchte zu deren Finanzierung jeweils Gebühren bei den anfordernden Unternehmen erheben.

«KI»

Um die schweizerische Kreativwirtschaft sorgt sich Jakob Stark (SVP, SR) in seiner Interpellation zur Nutzung von Werken durch generative KI-Systeme. Diese gibt dem Bundesrat ein weiteres Mal Gelegenheit, in seiner Stellungnahme auf die per Ende 2024 zu erwartenden Auslegeordnung zu einer allfälligen Regulierung von Künstlicher Intelligenz in der Schweiz zu verweisen (die im Q1 2025 dann hoffentlich vorliegen wird). Er betont aber auch, dass CH-spezifische Insellösungen wenig Sinn ergeben und es einen internationalen Konsens benötigen wird.

Über das durch die NZZ verbreitete Märchen der paywall-durchdringenden KI haben wir bereits Anfang Dezember geschrieben. Das hat Petra Gössi (FDP, SR), in deren NZZ-Interview im September dieses Märchen verbreitet wurde, nicht davon abgehalten, zum Jahresende eine Motion einzureichen, in welcher sie den Schutz urheberrechtlich geschützter Werke vor unberechtigter KI-Nutzung fordert. In der Begründung greift sie dabei auf die im Interview gemachte Aussage zurück: «Selbst die Bezahlschranken der Schweizer Medien werden durch die künstliche Intelligenz umgangen».

Die Antwort des Bundesrats steht noch aus. Es braucht allerdings keine KI, um zu vermuten, dass dieser erneut auf die Auslegeordnung zu einer allfälligen Regulierung von Künstlicher Intelligenz in der Schweiz verweisen wird.

In einer Interpellation möchte Dominik Blunschy (Mitte, NR) vom Bundesrat wissen, wie er im internationalen Vergleich das Kompetenz-Niveau in der Schweiz zum Thema KI beurteilt und wie die KI-Forschung in der Schweiz gefördert werden kann. Basis der Interpellation ist das Ziel 5 der Legislaturplanung: «Die Schweiz nutzt die Chancen der künstlichen Intelligenz, reduziert ihre Risiken und setzt sich für einen innovativen Standort Schweiz und eine zukunftsgerichtete nationale und internationale Regulierung ein.»

In seiner Antwort verweist der Bundesrat auf eine Statistik des BfS, wonach 34 % der CH-Bevölkerung über digitale Grundkompetenzen und 42 % über erweiterte digitale Kompetenzen verfügen (der EU-Durchschnitt liegt bei 27 %) (Anmerkung der Redaktion: Es ist etwas mutig, digitale Kompetenz mit KI-Kompetenz gleichzusetzen). Es ist primär Sache der Kantone, die Förderung dieser Kompetenzen in allen Bildungsstufen zu integrieren. Der Bund unterstützt unter anderem Arbeitgeber bei der Schulung von digitalen Grundkompetenzen. Bezüglich Forschung weist er darauf hin, dass die thematische Schwerpunkt-Setzung grundsätzlich Sache der Hochschulen und des Nationalfonds ist.

Dass man die Statistik zu digitalen Kompetenzen auch anders lesen kann, zeigt Min Li Marti (SP, NR) mit ihrer Interpellation, welche auf den Bevölkerungsdrittel ohne entsprechende Kompetenzen fokussiert. Sie will vom Bundesrat wissen, wie er diese Lücke schliessen möchte. Eine mögliche Lösung sieht sie in einem Pilotprojekt der Post, mit welchem in verschiedenen Filialen Menschen bei digitalen Problemen aller Art unterstützt wurden. Auch stellt sie die Frage, wie auch in Zukunft sichergestellt ist, dass auch Personen ohne digitale Kompetenzen Zugang zu Leistungen der öffentlichen Hand haben. Die Antwort des Bundesrats steht noch aus.

Mit einer Interpellation zur Frage der Marktzulassung von KI-Systemen gibt Isabelle Chappuis (Mitte, NR) dem Bundesrat ein weiteres Mal Gelegenheit, auf die Auslegeordnung zu einer allfälligen Regulierung von Künstlicher Intelligenz in der Schweiz zu verweisen. Er führt im Weiteren aus, dass es für KI-Systeme zur Zeit keine gesonderten Zulassungsregeln gibt, sich entsprechende Systeme aber an die bestehenden gesetzlichen Grundlagen (wie Datenschutzgesetz, Urheberrechtsgesetz etc.) halten müssen.

Die parlamentarische Initiative von Estelle Revaz (SP, NR) zielt darauf ab, die Weiterbildung und Umschulen von Arbeitnehmer zu fördern, deren Jobs durch KI erheblich beeinträchtigt werden. Sie will damit Anreize für Unternehmen schaffen, aktiv in entsprechende Schulungen zu investieren. Die Beratung im Parlament steht noch aus.

In eine ähnliche Richtung geht das Postulat von Dominik Blunschy (Mitte, NR), welches als Reaktion auf die bundesrätliche Antwort zur oben erwähnten Interpellation 24.4091 entstanden ist. Während der Bundesrat in seiner Antwort auf generelle Digitalkompetenzen fokussierte, möchte das Postulat spezifisch den Erwerb von KI-Kompetenzen fördern. Begründet wird das Postulat durch den Bedarf an KI-Knowhow in der Wirtschaft, und mit der Beschäftigungssicherheit der arbeitenden Bevölkerung. Die Antwort des Bundesrats und die Behandlung im Rat stehen noch aus.

Thierry Burkart (FDP, SR) mit einer Interpellation und Fabien Fivaz (Grüne, NR) mit einem Postulat wollen vom Bundesrat wissen, wie er die Auswirkungen des zunehmenden Energiebedarfs für KI- und Blockchain-Anwendungen auf die Energiestrategie 2050 sieht.

Da in der Interpellation auch vom zögerlichen Ausbau erneuerbarer Energien die Rede ist, und der Einsatz von SMR-Kernreaktoren als Lösung explizit erwähnt ist, dürfte es hierbei schlussendlich weniger um den Energieverbrauch, sondern eher um einen Vorstoss pro Kernkraft gehen. Das Postulat ist da ergebnisoffener und fragt generell nach Massnahmen zur Einhaltung der Energiestrategie.

Die Antwort des Bundesrats auf beide Vorstösse steht noch aus.

«Medien(politik)»

Gleich im Multipack haben ParlamentarierInnen das Thema Jugendliche, Social Media und Fake-News aufgegriffen.

Jacqueline De Quattro (FDP, NR) möchte mit einer Interpellation vom Bundesrat wissen, wie er die Gefahr von Desinformation bei Jugendlichen einschätzt und welche Massnahmen er zur Sensibilisierung ergreifen möchte. Der Bundesrat ist sich der Problematik bewusst, verweist aber für Details auf einen im Sommer publizierten Bericht «Beeinflussungsaktivitäten und Desinformation» sowie auf die Vernehmlassung zum neuen Bundesgesetz über Kommunikationsplattformen und Suchmaschinen (welche im Dezember hätte starten sollen). Mit diesem Gesetz will der Bundesrat den Digital Services Act der EU zumindest teilweise in die Schweiz übernehmen. Im Weiteren führt er aus, dass digitale Bildung Teil der Rahmenlehrpläne der Schulen ist, und das Bundesamt für Sozialversicherungen über seine Jugend und Medien-Plattform Aufklärung betreibt.

In eine ähnliche Richtung geht die Motion von Claudia Friedl (SP, NR). Sie will den Bundesrat beauftragen, Massnahmen zu treffen, dass regelmässig grosse Sensibilisierungskampagnen zu Gefahren und Risiken in sozialen Netzwerken durchgeführt werden. Der Fokus soll dabei auf besonders vulnerablen Gruppen wie Jugendlichen liegen.

Der Bundesrat verweist in seiner Stellungnahme erneut auf die Jugend und Medien-Plattform. Er stellt in Aussicht, dass die Themen psychische Gesundheit und Desinformation dort ab 2026 vertieft behandelt werden sollen. Aufgeführt werden auch verschiedene weitere Massnahmen und Forschungsprojekte am Thema, insbesondere ein Forschungsprogramm des BAKOM zur Wirkung von Desinformation. Weitere Sensibilisierungsmassnahmen können dann auf Basis dieser Forschungsprojekte erfolgen. Die Motion empfiehlt der Bundesrat zur Ablehnung.

Sowohl die Interpellation von Regina Durrer (Mitte, NR) als auch das Postulat von Maya Graf (Grüne, SR) drehen sich um die Frage, wie Kinder und Jugendliche vor übermässiger Social Media-Nutzung geschützt werden können. In den Details überlappen sie sich teilweise mit den oben schon erwähnten Vorstössen, beide stellen aber die Frage nach einem Verbot von Social Media für Jugendliche unter 16 Jahren in den Raum. Die Stellungnahme des Bundesrates steht noch aus.

Als direkte Reaktion auf Vereinbarungen, welche Google mit verschiedenen Schweizer Medienhäusern getroffen hat (wir haben kurz vor Weihnachten darüber berichtet), schlagen Christian Wasserfallen (FDP, NR) und eine Reihe von Mit-Unterzeichnenden aus verschiedenen Parteien in einer Interpellation vor, auf die Einführung eines Leistungsschutzrechts zu verzichten. Das Positive an diesem Vorstoss ist, dass die Einführung eines Leistungsschutzrechts im Parlament (noch) keine Selbstverständlichkeit ist. Die Beratung im Rat steht allerdings noch aus.

«Datenschutz & Privatsphäre»

Reto Vogt hat in einer Freitags-Kolumne praktisch bereits alles gesagt, was zu diesem Postulat von Philippe Nantermod (FDP, NR) zu sagen ist. Konkret regt der Postulant an, wirksame Massnahmen für Erleichterungen der Datenschutzgesetzgebung zu erarbeiten. Mit diesen soll die Gesetzgebung als ganzes gelockert und extensive Auslegungen der Gesetzgebung verhindert werden. In der detaillierten Begründung argumentiert der Autor des Vorstosses mit einem bunten Strauss an Argumenten, welche mit dem DSG und dessen Zweck oft wenig zu tun haben. Besonders stört er sich an den Aktivitäten des EDÖB in Bezug auf Daten, welche von Unternehmen gesammelt werden.

In seiner Stellungnahme weist der Bundesrat auf die Bedeutung des Datenschutzes für die Bevölkerung hin und hält fest, dass ein wirksamer Datenschutz zudem das Vertrauen der Nutzerinnen und Nutzer in die neuen Technologien stärkt. Er hält auch fest, dass die von der EU bestätigte Angemessenheit des Datenschutzniveaus für die Wirtschaft im Handel mit EU und EWR zentral ist. Das Postulat lehnt er ab, er möchte vor einer Überprüfung zumindest abwarten, welche konkrete Wirkung das im September 2023 in Kraft getretene revidierte DSG effektiv entfaltet.

Die Beratung und Beschlussfassung im Nationalrat steht noch aus.

Im Oktober hat das Bundesgericht Bestimmungen im neuen Luzerner Polizeigesetz aufgehoben. Dieses hätte die anlasslose und automatische Fahrzeugüberwachung und Verkehrsüberwachung ebenso erlaubt wie die algorithmische Auswertung inklusive Gesichtserkennung. Begründet wurde dies vom Bundesgericht damit, dass Kantone keine Gesetzgebungskompetenzen für Überwachungsmassnahmen zum Zweck der Strafverfolgung haben. Mit einer parlamentarischen Initiative möchte Barbara Steinemann (SVP, NR) nun genau diese Gesetzesgrundlage auf Bundesstufe schaffen.

Begründet wird der Bedarf an zusätzlichen Überwachungsmöglichkeiten mit der hohen Mobilität von Kriminellen. Betont wird insbesondere die Abwehr schwerer Gefahren für die öffentliche Sicherheit wie Extremismus und Terrorismus, aber auch die Suche nach vermissten oder entführten Personen.

Die Beratung der Initiative steht noch aus. Es ist zu hoffen, dass es auch dem einen oder anderen Automobilisten im Parlament etwas mulmig beim Gedanken wird, dass in Zukunft all seine Fahrten aufgezeichnet und nachvollzogen werden könnten.

Mit Verweis auf verschiedene erfolgreiche Hacker-Angriffe regt Josef Dittli (FDP, SR) in einer Interpellation an, für den SwissPass auf ein anonymes Lesesystem für die Fahrausweise umzustellen. Der Bundesrat verweist in seiner Antwort darauf, dass die Zuständigkeit grundsätzlich bei Alliance SwissPass liegt. Die verwendeten Mittel zur Fahrausweis-Kontrolle im ÖV unterstehen dabei dem Datenschutzgesetz und dem für die Branche verbindlichen Regelwerk Datennutzung öV. Er hält auch fest, dass die Anonymität bei der Verwendung der SwissPass-Karte gewährleistet ist, und eine 30-tägige Protokollierung persönlicher Daten nur bei Verwendung der Mobile App erfolgt.

Eine Antwort auf die Frage, wieso bei der Überprüfung eines in der App hinterlegten SwissPass‘ Personendaten erhoben und gespeichert werden, liefert der Bundesrat leider nicht (das ist aber fairerweise auch nicht seine Zuständigkeit). Vielleicht wendet sich der Interpellant diesbezüglich ja noch an die Alliance SwissPass …

Raphaël Mahaim (Grüne, NR) hat mit einer Motion angeregt, gesetzliche Grundlagen dafür zu schaffen, das Bewerben, Verkaufen oder Zugänglichmachen von Apps und digitalen Diensten zu verbieten bzw. technisch zu verunmöglichen, welche mittels Künstlicher Intelligenz aus bestehenden Bildern von Kindern oder Erwachsenen Nacktbilder generieren. Als Begründung führt er die steigende Verbreitung solcher Apps und die aktive Bewerbung auf Social Media auf.

In seiner Stellungnahme weist der Bundesrat darauf hin, dass diese Technologie sowohl neue Anwendungen im Unterhaltungsbereich und der Bildung erlaubt als auch missbraucht werden kann. Im Missbrauchs-Fall gelten grundsätzlich die entsprechenden Gesetze, auch wenn deren Durchsetzung im Einzelfall anspruchsvoll sein kann. Er sieht daher keinen direkten Vorteil durch ein explizites Verbot, möchte die Thematik aber im Rahmen der generellen KI-Auslegeordnung untersuchen. Die Motion lehnt er daher ab.

Das hat Fabio Regazzi (Mitte) im Ständerat nicht davon abgehalten, einen Monat später eine ähnlich gelagerte Motion einzureichen. In dieser fordert er den Bundesrat auf, eine Strategie vorzulegen, die ein koordiniertes Vorgehen gegen den Missbrauch von Bildmaterial und die Erpressung mit intimen Bildern enthält, wobei der Schutz der Kinder und Jugendlichen besonders berücksichtigt werden soll. Stellungnahme und Behandlung dieser Motion stehen noch aus.

Das australische Gesetz, welches Jugendlichen die Nutzung spezifischer Social Media-Plattformen verbietet, nimmt Gerhard Andrey (Grüne, NR) zum Anlass, eine Interpellation zum Thema einzureichen. Konkret will er vom Bundesrat wissen, inwiefern er bei der Plattformregulierung Altersschranken prüft. Auch stellt er die Frage, ob es im Rahmen des E-ID-Projekts Kontakt zu den Social Media-Anbietern gibt, um mit der E-ID einen anonymen und verbindlichen Altersnachweis zu ermöglichen (Anmerkung der Redaktion: Dies würde die Freiwilligkeit der E-ID defacto ad absurdum führen). Die Antwort des Bundesrats steht noch aus.

«Online-Handel»

Der Online-Handel ist und bleibt ein Dauerbrenner im Parlament. Je nach Parteizugehörigkeit und Motivation des jeweiligen Parlamentariers steht manchmal der Konsumentenschutz, manchmal aber auch mehr der Schutz der heimischen Wirtschaft im Vordergrund.

Eine Studie der Uni Basel über die Datensammlungen durch Smart Toys nimmt Patricia von Falkenstein (LDP, NR) zum Anlass für eine Interpellation. In dieser will sie vom Bundesrat wissen, wie er die Schaffung eines Labels für «smarte» Kinderspielsachen etc. beurteilt, welches den Sicherheitsstandard des jeweiligen Produkts in Bezug auf Persönlichkeitsrechte widerspiegelt. Im Weiteren fragt sie, welche weiteren Möglichkeiten der Bundesrat sieht, um die Risiken von Persönlichkeitsverletzungen und unerwünschten Kontakten schon im Design/Warenkonzept zu minimieren.

In seiner Stellungnahme hält der Bundesrat fest, dass es zurzeit kein solches Label gibt, aber für «smart» Toys etc. das Datenschutzgesetz und weitere Gesetze gelten. Grundsätzlich sehe das DSG aber die Möglichkeit von Produktzertifizierungen vor, diese sind allerdings freiwillig. Er weist auch darauf hin, dass solche Zertifizierungen oder Labels nicht obligatorisch gemacht werden können, da ansonsten technische Handelshemmnisse geschaffen werden. Im Weiteren ist es eine Aufgabe sowohl der schon erwähnten Plattform Jugend und Medien als auch des EDÖB, Kinder und ihre Eltern für einen sicheren Umgang mit Personendaten im Internet zu sensibilisieren. Bei Verdacht auf einen Vorstoss gegen Datenschutzvorschriften kann letzterer auch eine Untersuchung einleiten und die Lösung von widerrechtlich bearbeiteten Personendaten verfügen.

Diese Stellungnahme muss man grosszügig betrachtet als sachlich korrekt, aber schlussendlich wenig hilfreich bezeichnen. Es bleibt in der Eigenverantwortung der Eltern, die Verwendung von «smart» Toys etc. kritisch anzugehen. Und ob der EDÖB in der Lage ist, bei einem aus China importierten datensammelnden Gerät eine Datenlöschung zu bewirken, kann man zu Recht bezweifeln.

Ein ähnliches Thema greift Florence Brenzikofer (Grüne, NR) mit ihrer Motion auf, mit welcher sie den Bundesrat beauftragen möchte, die Schweizer Gesetzgebung so anzupassen, dass ausländische Onlinehändler sich an die Schweizer Markt- und Sicherheitsstandards halten müssen. Konkret möchte sie verhindern, dass ausländische Onlinehändler Produkte anpreisen, welche den gesetzlichen Sicherheitsanforderungen nicht entsprechen. Auch möchte sie die Verwendung von Dark Patterns und sonstigen verkaufsfördernden Manipulationen einschränken. Die Motion nimmt explizit Bezug auf den DSA der EU, welcher bezüglich dieser Thematik bereits strenge Vorgaben macht.

Der Bundesrat verweist in seiner Antwort auf diverse bereits laufende Bemühungen am Thema und auf die Vernehmlassungsvorlage zur Regulierung grosser Kommunikationsplattformen. Er räumt aber auch ein, dass Schweizer Gesetze gegenüber ausländischen Anbietern nur beschränkt durchgesetzt werden können. Hierzu verweist er auf eine Motion von Michaud Gagnon, welche grosse ausländische Online-Händler zu einer Rechtsvertretung in der Schweiz verpflichten möchte. Abschliessend hält der Bundesrat fest, dass betreffend Durchsetzung der gesetzlichen Pflichten in der Schweiz sowie hinsichtlich der Berücksichtigung der europäischen Gesetzgebung entsprechende Arbeiten entweder am Laufen oder bereits abgeschlossen sind.

Im September hat Benjamin Roduit (Mitte, NR) eine Motion eingereicht, um den Geltungsbereich des Bundesgesetzes über die Produktsicherheit und weiterer Gesetze so anzupassen, dass diese auch für die Einfuhr für den Eigengebrauch (also etwa eine Online-Bestellung direkt im Ausland) anwendbar sind. Auch regt er an, dass die Aufsichtsbehörden gegebenenfalls die notwendigen Verwaltungsmassnahmen ergreifen können müssen. Darunter versteht er die Sperrung von Links zu ausländischen E-Commerce-Plattformen, behördliche Verwarnungen und Verkaufsverbote.

Der Bundesrat weist in seiner Antwort darauf hin, dass alleine am Flughafen Zürich täglich 100’000 – 500’000 Sendungen aus Asien eintreffen, ein grosser Teil davon aus privaten Bestellungen. Eine umfassende Kontrolle dieser Sendungen ist nicht möglich, Stichproben hätten kaum eine Wirkung und könnten KonsumentInnen ein falsches Bild vermitteln. Technische Massnahmen wie Geoblocking zum Aussperren fehlbarer Anbieter erachtet er als nicht verhältnismässig. Einerseits haben ausländische Anbieter auch viele zulässige Produkte im Angebot, andererseits ist ein Geoblocking einfach zu umgehen (Anmerkung der Redaktion: Diese Argumentation hätte auch bei den Netzsperren für OnlineCasinos schon gegolten). Der Bundesrat schliesst seine Stellungnahme mit dem Verweis auf die Eigenverantwortung der KonsumentInnen ab, und dem Hinweis auf Sensibilisierungskampagnen.

Diese Vorstösse wurden kurz vor Weihnachten eingereicht und überlappen sich teilweise sowohl untereinander als auch mit früheren Vorstössen. Wir kommen auf diese fünf zurück, sobald eine Stellungnahme des Bundesrats vorliegt.


Der zweite Teil des Rückblicks auf Q4 sowie ein kurzes Fazit folgen nächste Woche.

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